Kontext - Die Verunreinigung von Innen- und Außenluft kann der Gesundheit schaden und beispielsweise zu Atemwegserkrankungen wie Asthma und Lungenkrebs führen.
In Europa sind enorme Fortschritte hinsichtlich der Qualität der Aussenluft erzielt worden; für zahlreiche Schadstoffe existieren bereits Grenzwerte. Nichtsdestotrotz erfordert die Luftqualität in Innenräumen ebenfalls unsere Aufmerksamkeit, nicht zuletzt weil wir den Grossteil unserer Zeit drinnen verbringen.
Welche Schadstoffe in Innenräumen sind besorgniserregend? Wie kann die Luftqualität in Innenräumen ermittelt werden?
Eine Stellungnahme des Wissenschaftlichen Ausschusses Gesundheit und Umweltrisiken der Europäischen Kommission (SCHER)
Die Antworten auf diese Fragen sind eine sinngetreue Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Gutachtens, das in 2008 durch den den Wissenschaftlichen Ausschuss Gesundheit und Umweltrisiken der Europäischen Kommission (SCHER) veröffentlicht wurde: "
Fotokredit: Sanja Gjenero
Sowohl im privaten als auch im öffentlichen Umfeld kann man Schadstoffen ausgesetzt sein, sei es zuhause, im Büro, in der Schule oder in Verkehrsmitteln.
Einige Schadstoffe in Innenräumen stammen von draussen, doch die meisten werden innerhalb von Gebäuden freigesetzt, beispielsweise beim Putzen oder bei der Verfeuerung von Brennstoffen zum Kochen oder Heizen. Möbel und Baumaterial können ebenfalls Schadstoffe freisetzen. Feuchtigkeit oder eine mangelnde Belüftung verstärken u.U. den Schadstoffgehalt der Luft in Innenräumen.
Da die Luft in Innenräumen eine Vielzahl verschiedener Schadstoffe enthalten kann, ist es ungemein schwierig das damit verbundene Gesundheitsrisiko einzuschätzen. Darüber hinaus existiert keine allgemein gültige Definition für „typische Innenraumbedingungen“
Diese Stellungnahme legt dar, wie die Gesundheitsrisiken der Innenraumluft zur Zeit eingeschätzt werden und wie sie künftig bewertet werden sollten, unter Berücksichtigung gleichzeitiger Belastung mit mehreren Schadstoffen und besonders anfälligerer Bevölkerungsgruppen, wie Kinder, schwangere Frauen und ältere Menschen. Mehr auf Englisch
Fotokredit: Katya Foldvaryove
Von gewissen durch Haushaltsmittel und -geräte freigesetzte Chemikalien weiß man, dass sie Hals-, Nasen- und Augenreizungen hervorrufen. Allerdings fehlen für viele in der Innenluft auftretenden Chemikalien die nötigen Informationen, um mögliche gesundheitliche Auswirkungen durch langfristiger Belastung, wie Krebs oder Fortpflanzungsbeeinträchtigung, einschätzen zu können.
Radon kommt natürlicherweise in Teilen Europas vor. Dieser Stoff kann in Gebäude eindringen und eventuell Krebs verursachen.
Schwebstaub kann gesundheitsschädigend wirken, insbesondere auf die Atemwege.
Mikroben, wie Schimmelpilze oder Viren, können zur Entwicklung von Asthma und Allergien beitragen.
Haustiere und Schädlinge, wie Staubmilben, Schaben und Mäuse, stellen wichtige Allergenquellen in Innenräumen dar.
Zu trockene Luft führt zu Augenirritationen, trockener Haut und Schleimhäuten sowie Hautausschlägen, während eine zu hohe Luftfeuchtigkeit die Entwicklung von Schimmelpilzen und Milben fördert.
Unzureichende Belüftung, eine der Hauptursachen schlechter Innenraumluft, kann sich sowohl auf die Gesundheit als auch auf die Arbeitsleistung negativ auswirken.
Eine zu hohe oder niedrige Innentemperatur ist unangenehm und kann auch der Gesundheit schaden. Mehr auf Englisch
Um festzustellen, ob Schadstoffe Auswirkungen auf die Gesundheit haben könnten, müssen vier Aspekte untersucht werden.
Fotokredit: Stephan Czuratis
Gewisse Bevölkerungsgruppen reagieren möglicherweise empfindlicher als andere auf Verunreinigungen der Innenraumluft, so etwa Kinder, schwangere Frauen, ältere Menschen sowie Herzkranke und Menschen mit Atemwegsbeschwerden.
Je nach Alter könnten Kinder empfindlicher für gewisse toxische Substanzen (z.B. Blei oder Tabakrauch) sein als Erwachsene. Schon bei niedrigen Konzentrationen könnten solche in der Luft enthaltenen Schadstoffe die Entwicklung ihrer Lungen beeinträchtigen, Husten und Bronchitis oder andere Atemwegserkrankunen hervorrufen und Asthma verschlimmern.
Weitere Faktoren, die – abgesehen von Alter, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Atemwegskrankheiten – gewisse Menschen anfälliger machen könnten als andere, schließen genetisch bedingte Merkmale, Lebenswandel, Essgewohnheiten und andere gesundheitlichen Probleme ein. Mehr auf Englisch
Sowohl Innen- und Außenluft enthalten ein komplexes Gemisch von Schadstoffen (chemische Substanzen, Allergene und Mikroben), die aus unterschiedlichen Quellen stammen. Dieses Schadstoffgemisch verändert sich im Laufe der Zeit.
Erkenntnisse über die gesundheitlichen Auswirkungen einzelner Schadstoffe lassen sich nicht ohne weiteres auf Schadstoffgemische übertragen. In der Tat könnten zwischen verschiedenen chemische Stoffen Wechselwirkungen auftreten und die Gesamtwirkung kann mehr (oder weniger) gesundheitsschädigend sein. Es ist sehr wenig über die Wechselwirkung von Schadstoffen in geschlossenen Räumen bekannt.
Risikobewertungen, die die kombinierte Belastungen und kumulative Wirkungen der Schadstoffe berücksichtigen, sind selten möglich. Trotzdem sollten bei der Risikobewertung für jeden Einzelfall mögliche Wechselwirkungen in Betracht gezogen werden. Mehr auf Englisch
Fotokredit: Vildan Uysal
Kohlenmonoxide (CO) und Stickstoffdioxide (NO2) sind unter den Abgasen, die bei der Verwendung von Gas-, Öl- oder holzbetriebenen Heizungssystemen und anderen Geräten freigesetzt werden, am bedenklichsten.
Tabakrauch enthält mehrere Arten Schadstoffe, einschließlich Benzol sowie Fein- und Ultrafeinstaub. Bei Erwachsenen kann passives Rauchen zu Reizungen, Atembeschwerden und koronaren Herzerkrankungen führen. Bei Kindern kann es plötzlichen Säuglingstod und Mittelohrentzündungen verursachen.
Radon kommt in gewissen Regionen auf natürliche Weise vor. Dieser Schadstoff kann in Gebäude gelangen und eventuell zu Krebs führen.
Blei, der in der Wandfarbe einiger Altbauten noch vorhanden ist, ist auch bei geringen Belastungen für Kinder schädlich.
Pestizide mit Organophosphorpestizide, die im häuslichen Bereich häufig zur Insektenvertilgung verwendet werden, können auf die Entwicklung des zentralen Nervensystems einwirken und könnten für Kindern bedenklich sein.
Flüchtige organische Verbindungen (VOCs) wie Benzol, Formaldehyd und Naphthalin, deren Auswirkungen auf die Gesundheit bekannt sind, werden durch eine Vielzahl von Konsumgütern freigesetzt. VOCs können mit bodennahem Ozon reagieren und Sekundärschadstoffe bilden, die Reizungen verursachen können. Im allgemein ist über die Konzentrationen dieser VOCs und über die Auswirkungen von durch Ozon verursachten Substanz-Mischungen bis jetzt nur wenig bekannt. Mehr auf Englisch
Fotokredit: Daniel Case
Eine Reihe von Konsumgütern die im Haushalt verwendet werden setzen Chemikalien in die Luft frei, so beispielsweise Putzmittel, Bodenpflegemittel, Möbel- und Haushaltstextilien, Lufterfrischer, Kleber, Lacke und Farben, Abbeizmittel, Körperpflegemittel, Druckerzeugnisse, elektronische Geräte, Kerzen und Räucherstäbchen.
Einige Studien weisen einen Zusammenhang zwischen der Verwendung von Konsumgütern und Gesundheitsschäden auf. Allerdings ist nicht klar, inwieweit dies auf Schadstoffe zurückzuführen ist, da andere Faktoren hierzu ebenfalls beitragen könnten.
Eine kürzlich erschiene Studie hat den Chemikalienausstoss einer Vielzahl unterschiedlicher Konsumgüter untersucht. Obwohl die Konzentrationen in der Innenluft in den meisten Fällen annehmbar war, wurden in Einzelfällen anerkannte Grenzwerte überschritten. Mehr auf Englisch
Fotokredit: Infrogmation
Die Mehrzahl gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die auf Feuchtigkeit und Nässe in Gebäuden zurückzuführen sind, betrifft die Atemwege. Sie reichen von Schleimhautreizungen, Atembeschwerden und Infektionen bis zu Asthma und Allergien. Allerdings ist noch unklar, auf welche Weise die Feuchtigkeit zu diesen Symptomen führt und welche Substanzen hierfür in erster Linie verantwortlich sind.
Feuchtigkeitsprobleme in Gebäuden können auf Lecks, Kondensation oder die Bodenbeschaffenheit zurückzuführen sein. Eine zu hohe Feuchtigkeit fördert die Entwicklung von Mikroorganismen wie Schimmelpilze und Bakterien, die Schadstoffe in die Innenluft freisetzen. Unzureichende Belüftung kann die Luftfeuchtigkeit und die Schadstoffkonzentrationen erhöhen.
Es bedarf noch weiterer Forschung, um das Ausmaß und die Reichweite der mit Gebäudefeuchtigkeit verbundenen Problematik auf EU-Ebene zu erfassen. Mehr auf Englisch
9.1 Das Datenmaterial, das zur Risikobewertung der Luftverunreinigung in Innenräumen verfügbar ist, ist begrenzt und häufig unzureichend. Zwar sind Informationen bezüglich der Konzentration einiger bekannter Schadstoffe durchaus vorhanden, doch fehlt es an Angaben für Schadstoffe, deren Wirkungen nicht eindeutig sind. Darüber hinaus können Messungen der Aussenluftqualität nicht extrapoliert werden, um Schadstoffkonzentrationen in geschlossenen Räumen einzuschätzen.
Die Messung anderer Indikatoren außer der Konzentration, beispielsweise Luftwechselzahl, allgemeine Sauberkeit oder Feuchtigkeitserscheinungen, könnte hilfreich sein. Für die wichtigsten Schadstoffe wäre die Erarbeitung gesundheitsbezogener Richtwerte empfehlenswert. Mehr auf Englisch
9.2 Vorhandene Informationen über die Schadstoffbelastung in Innenräumen und Informationen über Risikobewertungsstrategien sollten gesammelt und geordnet werden. Es bedarf weiterer Forschung, um die Hauptschadstoffquellen in Innenräumen, einschließlich in feuchten und wasserbeschädigten Gebäuden, zu identifizieren. Ferner müsste untersucht werden, auf welche Weise Menschen den Schadstoffen in der Innenluft ausgesetzt sind und wie diese Belastungen gemessen oder durch Computermodelle abgeschätzt werden könnten. Mehr auf Englisch
9.3 Die Gesundheitseffekte von Schadstoff-Mischungen und von weniger bekannten Innenraum-Schadstoffen, wie Mikroben, muss noch weiter erforscht werden. Ebenfalls sollte der Einfluss von Schadstoffen in Innenluft auf Atemwegsbeschwerden im Kindesalter sowie die Beziehung zwischen Belastung und Wirkung, insbesondere bei anfälligeren Bevölkerungsgruppen, untersucht werden. Mehr auf Englisch
9.4 Vorhandene Messstandards sollten validiert und harmonisiert werden. Mehr auf Englisch
Es ist sehr schwierig, die gesundheitlichen Risiken der Luftverunreinigung in Innenräumen einzuschätzen, da die Innenraumluft über 900 Chemikalien, sowie Feinstaub und biologische Stoffe mit möglichen schädlichen Gesundheitsfolgen enthalten kann. Belüftung, Putzbedingungen, Gebäudemerkmale, Haushaltsmittel, kulturelle Gepflogenheiten, Klima und Umwelt sind Faktoren, die die Qualität der Innenraumluft beeinflussen. Aus diesem Grunde sind breite Schwankungen innerhalb der EU zu erwarten.
Der Wissenschaftliche Ausschuss Gesundheit und Umweltrisiken der Europäischen Kommission (SCHER) zieht folgendes Fazit:
Der SCHER empfiehlt des Weiteren:
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